Warum gibt es ein Morgentreffen bei Stommel Haus?

Eines unserer täglichen Morgentreffen bei Stommel Haus im Frühling 2019.

Warum treffen wir uns bei Stommel Haus jeden Morgen um 9.30 Uhr in der Manufaktur mit allen Mitarbeitern? Um uns diese Frage selbst zu beantworten, sind wir im Januar 2018 bei Yellotools zu Besuch gewesen und haben dort deren Morning Meeting erlebt. Was müsste für Dich geschehen, dass Du entscheidest, in ein solches Treffen zu investieren? Wir sind knapp sechzig Mitarbeiter, das Treffen dauert zwischen 15 und 20 Minuten. Wir reden über einen sechsstelligen Betrag im Jahr und zu Beginn eine entsprechende Skepsis für diese Investition. Nachdem wir das Yellotools-Meeting erlebt haben, konnten Ralf Stommel und ich noch einige Zeit mit Michael Althoff sprechen. Warum haben wir, und besonders Ralf, ihm vertrauen können? Man kann viel erzählen, wenn der Tag lang ist …

Dort waren Ralf und ich zu Besuch, was würde das mit Dir machen?
Respekt und Vertrauen

Wir sind Handwerker und bauen leidenschaftlich Holzhäuser für unsere Kunden. Als uns Michael in Arbeitshose und mit Leidenschaft seine Geschichte erzählt hat, ist ein gegenseitiges Vertrauen entstanden. Wir sind weiterhin gut befreundet und lernen voneinander. Das macht die Beziehung zwischen Yellotools und Stommel Haus besonders. Am 19. Februar 2018 um 9.30 Uhr hat Michael unser allererstes Morgentreffen eingeleitet. Seit diesem Tag ist noch kein Treffen ausgefallen und wir wissen heute besser denn je, welchen Wert diese Treffen für uns als Team haben.

Am 19.02.2018 bei Stommel Haus in der Manufaktur.
Jedes Team muss sein eigenes Treffen entwickeln

Was kann an einem Treffen so besonders sein, dass wir es als den Dreh- und Angelpunkt in unserer Weiterentwicklung und unseres Erfolgs bezeichnen? Es ist „unser“ Morgentreffen. Keine Kopie, keine Methode und auch kein System. Der Punkt am Tag, an dem wir uns alle fortlaufend als Unternehmen kennenlernen. Vorher gab es, wie in den meisten Unternehmen, verschiedene Abteilungen und die wussten grob, was die Anderen so machen. Nach fast 6 Jahren Morgentreffen haben wir uns alle als Menschen besser kennengelernt, was sehr nützlich ist. Aber die entscheidende Veränderung ist, dass wir uns gemeinsam als das eine Unternehmen, das eine Team kennengelernt haben. Wir haben auch gelernt, was unsere Kunden von uns allen als Team erwarten. Gute Zusammenarbeit, die unseren Kunden dient und nicht dem Selbstzweck.

Ändere, was Dich nervt! Das war das „Mantra“ der ersten Monate.
Bleibe in Deinem „Sprech“

In Paul Akers Buch „2 Second Lean“ ist die Rede von „Fix what bugs you!“ Solche englischen Sätze funktionieren einfach schlecht in einer deutschen Manufaktur. Sie wirken überheblich und stoßen manche Kollegen unnötig vor den Kopf. Also haben wir überlegt, was „wir“ sagen würden und haben es dann auch so gemacht: Ändere, was Dich nervt! Das war der Aufruf, den Ralf Stommel in der Anfangsphase des Morgentreffens regelmäßig wiederholt hat. Was natürlich einen Rahmen absteckt, da man nur ändern kann, was man selbst verantwortet. Wir trainieren die Handlung, die mit diesem Satz verbunden sind, inzwischen wie Fußballer das Passspiel. Es ist zu unserer „DNA“ geworden. Was jedoch, wenn Dich etwas stört, dass außerhalb Deiner Verantwortung liegt? Dann wünsche Dir eine Veränderung und begründe das.

Jeder Mensch hat eine persönliche Wunschliste. Warum nicht eine für die Organisation anlegen? Oder die Familie?
Wünsch Dir den Elefanten in den Raum

Mit dem ersten Morgentreffen ist die „Wunschliste“ ins Leben gerufen worden. Seither fragen wir in jedem Treffen: „Wer hat einen Punkt für die Wunschliste?“ Mit dem Ausspruch des Wunsches, im Morgentreffen, ist gewährleistet, dass der Verantwortliche von diesem Wunsch erfährt. Es gibt ihm die Möglichkeit, ohne Druck und Anschuldigungen, den Wunsch zu überdenken. Keine Pistole auf der Brust und keine Blicke auf Kollegen, die mögliche Veränderungen erwirken können. Einfach nur den sprichwörtlichen „Elefanten“ sinnbildlich in die Mitte des Raumes stellen und abwarten. Manche Wünsche erfüllen sich wie von Zauberhand und manche auch nicht. Oft beginnt mit einem Wunsch die Suche nach Ursachen und Prozesse werden reflektiert. Ein Wunsch kann sich auch an die Gemeinschaft, bzw. die Unternehmenskultur richten. In dem Fall sind alle informiert, was sie daraus machen, ist nicht vorhersagbar. Ich kann jedoch aus Erfahrung sagen, dass 90 % der Wünsche erfüllt werden. Was möglicherweise daran liegt, dass wir uns gerne gegenseitig unterstützen. Oft wissen wir nur nicht, was das Problem des anderen ist. Die Wunschliste ist „heilig“ bei uns geworden, oft folgen aufrichtige Danksagungen, auf einen erfüllten Wunsch. Da macht es Freude, sich um den „Elefanten im Raum“ zu kümmern.

Der Wunsch, die Qualität eines bestimmten Bauteils zu hinterfragen, spricht automatisch alle Verantwortlichen an und regt sie zu einer gemeinsamen Lösung an.
Suche Ursachen, keine Schuldigen

Wir könnten auch nach „dem Schuldigen“ suchen. Nur den gibt es in der Regel nicht. Ralf hat im ersten Morgentreffen klar kommuniziert, dass wir nach Ursachen suchen wollen und nicht nach Schuldigen. Wie Michael Althoff uns erklärt hat, sind 99,9 % aller Fehler systemisch. Der Rest ist menschlich und führt auf Vorsatz zurück. Warum also Misstrauen, wenn fast allen daran gelegen ist, diese Fehler zu vermeiden? Wie geht man in Deinem Unternehmen oder Umfeld mit Fehler um? Wie oft fühlst Du Dich, zu Unrecht, beschuldigt? Das führt doch eher zu noch mehr Problemen, als dass es welche löst, oder? Wenn wir einen Fehler gefunden haben, fragen wir immer nach dem „warum“! Am besten so oft, bis die Ursache gefunden ist. Jedoch mindestens fünfmal, damit die Tiefe der Reflexion gewährleistet wird. Wir wollen nicht wissen „Wer“ etwas falsch gemacht hat, sondern welche Rahmenbedingungen dazu geführt haben. Ist die Ursache entdeckt, können wir im Morgentreffen eine Entscheidung treffen. Jetzt muss ausprobiert werden, ob der Fehler zukünftig vermieden wird, oder ob noch mal nachgearbeitet wird. Auch alles Übungssache. Manche Probleme sind so komplex, dass sie im Morgentreffen nicht gelöst werden können. Dann wird daraus ein Projekt gemacht und die Verantwortung an einen Kollegen übergeben. In weiteren Morgentreffen fragen wir dann auch den Werdegang und das Ergebnis des Projekts ab.

Eine Zeit lang wurden die Projekte an einer Magnetwand in der Manufaktur behandelt. Die Transparenz und Präsenz im Morgentreffen hat das „Seil straff gehalten“. Inzwischen sind wir, auf Grund der Menge, auf eine digitale Behandlung umgestiegen. Jedoch arbeiten wir weiterhin mit Analogen Platzhaltern in der Manufaktur.
Fragen sind ein guter Antrieb

Was ist der „Antrieb“ für unser Morgentreffen? Eine gute Frage und gleichzeitig ein Hinweis auf die Antwort. Warum benötigen wir „Fragen“, wie die Luft zum Atmen? In einem Unternehmen können Fragen dazu dienen, um Informationen zu sammeln, Probleme zu lösen, Meinungen zu erfahren oder um Diskussionen anzuregen. Fragen können auch dazu beitragen, das Verständnis für bestimmte Themen oder Prozesse zu verbessern, Entscheidungen zu treffen oder um die Perspektive anderer zu verstehen. Fragen können auf verschiedenen Ebenen gestellt werden, zum Beispiel von Führungskräften an Mitarbeiter, von Kollegen an Kollegen oder von Kunden an Mitarbeiter. Insgesamt spielen Fragen in einem Unternehmen eine wichtige Rolle bei der Kommunikation und bei der Erreichung von Zielen. Bei Stommel Haus sind es in erster Linie die Fragen vom Kunden, die wir täglich beantworten. Da nur gelegentlich Kunden persönlich am Morgentreffen teilnehmen, moderiert jeden Tag ein anderer Kollege stellvertretend für unsere Kunden das Treffen und stellt die Fragen anhand einer Checkliste. Die Fragen der Checkliste haben Ralf und ich 2018 mit Anregungen von FastCap und Yellotools zusammengestellt. Diese Checkliste wurde bis heute etwa 12-mal überarbeitet.

Die Checkliste (Version 2019/3) für das Morgentreffen muss man unbedingt kontinuierlich an das Unternehmen anpassen.
Wem nutzen die Fragen?

Wir hinterfragen die Fragen und ihren Nutzen für unsere Kunden kontinuierlich. Was wollen unsere Kunden von Stommel Haus wissen? Wo ist ein Fehler aufgetreten? Das ist eine Frage aus der Checkliste, die zu Beginn viele Kollegen persönlich genommen haben. Natürlich hat noch lange nicht jeder seinen Fehler genannt. Sind Fehler benannt worden, mussten Ralf und ich immer wieder klarstellen, dass wir keine Schuldigen suchen, sondern die Ursachen. Das Thema ist auch heute noch manchmal unterschwellig vertreten. Obwohl ich behaupten möchte, dass eigentlich alle verstanden haben, dass wir das auch ernst meinen. Bevor ein Kunde ein Haus bei Stommel Haus kauft, möchte er z.B. diese Fragen beantwortet wissen:

  1. Welche Arten von Holzhaus-Designs bietet die Firma an?
  2. Kann die Firma individuelle Designs anbieten oder anpassen?
  3. Welche Art von Holz wird verwendet?
  4. Wie sieht der Bauprozess aus und wie lange dauert es in der Regel, bis das Haus fertiggestellt ist?
  5. Welche Art von Garantien oder Gewährleistungen gibt es für das Haus?
  6. Wie hoch sind die Kosten für den Kauf und den Bau des Hauses?
  7. Gibt es Finanzierungsmöglichkeiten?
  8. Hat die Firma Beispiele von früheren Holzhaus-Projekten, die der Kunde sehen kann?
  9. Welche Art von Kundenservice bietet die Firma während und nach dem Bauprozess an?

Dies sind nur einige Beispiele von Fragen, die ein Kunde möglicherweise haben könnte. Es gibt sicherlich noch viele andere Faktoren, die für einen Kunden wichtig sein könnten und die er von der Holzhaus-Manufaktur erfahren möchte, bevor er ein Haus kauft. Doch was ist, nachdem er den Kaufvertrag unterschrieben hat? Wenn der Auftrag erteilt wurde und wir anfangen für sein Geld zu arbeiten? Welche Fragen stellt er dann? Wohl eher Fragen, wie z.B.:

  1. Wie effektiv arbeitet Ihr mit meinem Geld?
  2. Wie vermeidet ihr Fehler zu machen, die ich am Ende extra bezahlen muss?
  3. Was passiert, wenn Ihr eine Fehlerquelle entdeckt, die regelmäßig Fehler verursacht?
  4. Wie sorgt ihr für besonders hohe Qualität in meinem Haus?
  5. Wie vermeidet Ihr das Entstehen von Abfällen, die auf meine Kosten entsorgt werden müssen?
  6. Wie weit seid ihr mit meinem Haus und werdet ihr rechtzeitig fertig?
  7. Was tut ihr, damit meine Familie zukünftig in einem gesunden Haus wohnen können?
  8. Was unternehmt ihr, damit bei der Herstellung des Hauses die Umwelt nicht belastet wird?
  9. Wie vermeidet ihr Verschwendung?
  10. Wie entwickelt ihr euch so weiter, dass ich auch in 20 Jahren noch guten Service für mein Haus von Euch bekomme?

Auch hier wieder nur ein bunter Strauss an Fragen, die man als Kunde stellen kann. Wir schauen in regelmäßigen Abständen, ob die Checkliste, mit ihren Fragen an uns, noch den Zweck erfüllt. Als Vertreter des Kunden, sorgt der Moderator auch dafür, dass die Treffen respektvoll, effektiv und effizient durchgeführt werden. Die Kollegen haben sehr schnell ein Gefühl dafür entwickelt, was Sinn ergibt und was nicht. Die Fähigkeit, vor einer großen Gruppe souverän zu sprechen, ist auch im Alltag eine große Hilfe. Wir alle lernen durch die Moderation des Treffens einen vertrauensvollen, respektvollen Umgang miteinander. Wer die Stommel Haus Prinzipien nicht achtet, muss sich mit dem Kollektiv der Kollegen auseinandersetzten. Die Prinzipien haben wir auch vor dem ersten Morgentreffen aufgestellt. In Anlehnung an die von Yellotools, jedoch vollständig an unsere Situation und Haltung angepasst. Das erste und höchste Prinzip ist: „Respekt gegenüber jedem und immer!“ Diese Prinzipien sind sehr wertvoll, da sie wie eine Art Vertrag, immer dann herangezogen werden können, wenn sie jemand missachtet. Auch heute noch, kann es vorkommen, dass ein Kollege sagt: „Entschuldige, Du kannst die Hand heben, wenn Du etwas sagen möchtest. Wir lassen uns hier immer ausreden. Gilt für alle Menschen im Unternehmen gleichermaßen.

Diese Prinzipien bekommt jeder Mitarbeiter zur Einstellung ans Herz gelegt. Sie machen den Alltag bei Stommel Haus um ein Vielfaches einfacher.
Zusammengefasst

Zusammengefasst, ist das Morgentreffen eine individuell auf Stommel Haus angepasstes Trainingsritual. Sehr flexibel und immer gewillt, sich selbst zu hinterfragen. Warum inzwischen alle Kollegen wissen, was das Morgentreffen für Stommel Haus bewirken kann? Weil Ralf Stommel es von Anfang an zu einer Pflichtveranstaltung für alle Mitarbeiter gemacht hat. Nur ein Kundentermin hat eine höhere Priorität, als das Morgentreffen. Die Prinzipien sind auch ein wichtiger Baustein, der uns als „Handlauf“ dient, wenn es mal „holperig“ wird. Niemand wird unser Morgentreffen kopieren können, da es genau auf Stommel Haus angepasst wird. Wir verändern in diesem Moment, wo ich den Beitrag schreibe, wieder die Checkliste und den Ablauf. Ganz unaufgeregt, da wir das regelmäßig machen. Immer dann, wenn es notwendig ist. Gelegentlich gehen wir auch wieder einen Schritt zurück in der Entwicklung. So wie jetzt gerade, wo wir festgestellt haben, dass eine Veränderung nicht funktioniert hat. Auch das ist wertvoll, da es gute Fragen verstärkt und uns zeigt, dass wir uns in dem Punkt überschätzt haben. Warum Du in Deinem Unternehmen oder an Deinem Arbeitsplatz ein Morgentreffen machen solltest? Warum findest Du es nicht heraus? Frage Deine Kollegen, immer, wenn ein Problem auftritt. Frage, was wäre, wenn wir jetzt hier mit allen Kollegen zusammenstehen würden? Wie schnell hätten wir das Problem gelöst? Das ist nur einer von vielen „Türöffnern“ für ein Morgentreffen. Wer das notwendige Interesse hat, bekommt auch über die Bücher „The LEAN DEAL“ und „2 Second LEAN“ eine Menge Impulse und Anregungen. Bei Yellotools und Stommel Haus, kann man nach Rücksprache auch an einem Morgentreffen teilnehmen. Dazu bitte Kontakt über die jeweiligen Webseiten aufnehmen.

Ich hoffe, ich konnte Dir einen groben Überblick verschaffen. Das Thema Morgentreffen ist natürlich sehr viel komplexer, besonders in Bezug auf die Persönlichkeitsentwicklung der Kollegen. Auch die Entwicklung von Unternehmertum im gesamten Team ist extrem spannend. Dass Selbstwirksamkeit, Entscheidungsfreude und Achtsamkeit seit dem 19. Februar 2018 ganz enorm gestiegen sind, beweist uns die steigende Qualität, stabile Termintreue und die Zufriedenheit der Kollegen. Bei allen Kollegen gleichermaßen, was auch sehr wertvoll ist.

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